Mäpplibauern
So nennt man in der Schweiz Agronomen, Agrotechniker, Agrarbeamte, Pflanzenbauberater, Landwirtschaftslehrer, Agrarjournalisten usw.. Vielfach Bauernsöhne (weniger Töchter…) die nicht das Glück hatten, den elterlichen Betrieb zu übernehmen, weil es da oft zuviele Bewerber gibt. Diese Mäpplibauern zeichnen sich oft durch eine bedingungslose Übernahme sogenannter „bäuerlicher Interessen“ aus und sind fester Bestandteil der sogennanten Agrarlobby. Kritik an gewissen Entwicklungen in der Landwirtschaft ist verpönt oder wenn schon, nur hinter vorgehaltener Hand. Wer beisst schon die Hand, die ihn füttert? Man verteidigt die Positionen der produktivistischen Agrarverbände ohne wenn und aber!
Mehr noch, vielfach sind es gerade die Mäpplibauern, die die extremen Produktionssteigerungen in der Landwirtschaft erst möglich gemacht haben. Die Auswüchse in der Milchviehzucht mit „Prachtseutern“ bis an den Boden, bei denen sich ohne Antibiotika und Zitzenverklebungen der Milchfluss fast nicht mehr bremsen lässt. Die Ertragssteigerungen auf dem Acker mit sieben Fungizidspritzungen, Bodenversiegelung und Insektenvernichtung… wer hat’s erfunden: die Mäpplibauern. Die vollindustrialisierten 20’000er Pouletmasthallen, computerisiert und automatisiert, mit Importfutter aufgepäppelt als „Mistkratzerli“ und nach einem Leben von weniger als 40 Tagen mit „Erntemaschinen“ eingesammelt und am Fliessband geschlachtet…. eine Meisterleistung der Mäpplibauern!
Als dipl. Ing.Agr ETH und gelernter und lebenslanger Landwirt gehöre ich ja eigentlich auch zu dem Club. So gesehen ist die gegenwärtige hitzige Kampagne zu den beiden Agrarinitiativen eine gute Gelegenheit, sich wieder mal zu fragen, was wir Mäpplibauern eigentlich da angerichtet haben. Ich wollte es genauer wissen.
Ich habe gemeinsam mit Freunden etliche Agronomen, Studienkollegen, Landwirtschaftslehrer usw. angeschrieben, um zu erfahren, ob sie sich einem Komitee 3 x Ja für sauberes Trinkwasser, weniger Pestizide und mehr Klimaschutz anschliessen würden.
Das vorläufige Zwischenresultat: 24 % sind für 3 x Nein, bedingungslos. Ein Grossteil (48%) ist zwar mehrheitlich für 3 x Ja, will aber unter keinen Umständen mit seinem Namen in den Medien erscheinen. Schliesslich müssten sie auf das agrarpolitische Umfeld Rücksicht nehmen… Nur 20 % sind sonnenklar, ohne Einschränkungen bereit, öffentlich für ein Ja einzustehen! Nur wenige haben bisher nicht geantwortet. Work in progress…
Ich weiss, das ist keine wissenschaftliche Umfrage. Aber es scheint mir beängstigend, wie in unserer hochgelobten direkten Demokratie Druck herrscht zu schweigen. Wegen den damit verbundenen Repressalien. Und das in der Landwirtschaft. Ich könnte Bücher darüber schreiben…
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