Bricoleurs
Kolumne im heutigen Bieler Tagblatt
Sophie und François haben ihr Eigenheim vor ein paar Jahren selber gebaut. Weil er Kletterlehrer ist und sie Turnlehrerin, haben sie ihr zweistöckiges Wohnzimmer gleich mit einer Kletterwand bis in die Dachfirst ausgestattet. Inzwischen sind drei Kinderlein dazugekommen und im grossen Garten ein Hühnerstall.
Jean-Jaques ist Steinmetz und verliebt in alte schöne Quadersteine. Auf einer Anhöhe baut er in seiner Freizeit seit fünfzehn Jahren an einem exquisiten Rundhaus, das einmal sein Alterssitz werden soll. Allerdings fehlt immer noch die Dachkonstruktion über den schönen Mosaikböden und dem historischen Cheminée.
Geraldine, infirmière, hat mit ihrem Partner, ouvrier agricole, ein einstöckiges, einfaches Einfamilienhaus errichtet. Und weil das so gut gelungen ist, wurde dahinter gleich noch eine mindestens gliech grosse Werkstatt gebaut. Platz hat es ja genug im ländlichen Frankreich; Bauparzellen messen in der Regel mindestens eine halbe Hektare. Inzwischen ist die Partnerschaft der jungen Leute in die Brüche gegangen und Geraldine lebt mit einem neuen Freund in ihrem selber konstruierten Anwesen. Das feudale Portail mit automatischem Türöffner ist zwar nie ganz fertig geworden, aber selbst im Rohbau vermutet man hinter der majestätischen Einfriedung mindestens ein kleines Château und nicht nur ein schlecht isoliertes Einfamilienhäuschen.
„C’est le provisoire qui dure“ gilt ganz besonders für die Do- it-yourself Häuslebauer: wenn mal der Rohbau fertig ist und das Dach über dem Kopf dicht, dann dauert es oft Jahre, bis das Eigenheim auch noch einen Verputz und letzten Anstrich erhält. Ist ja auch verständlich nach der Riesenanstrengung, sein eigenes Traumhaus selber zu bauen. Aber Hand aufs Herz, wir staunen was die jungen Franzosen so alles können! Dabei meinen wir Schweizer doch immer noch, wir hätten dass beste Berufsbildungssytem!
Klar, dass wir unter so vielen Heimwerkern nicht untätig bleiben wollten. Zwar müssen wir nicht neu bauen, aber bei so vielen alten Gemäuern, Balken und Dächern gibt es wahrlich auch für uns genug zu tun. Ohne besondere handwerkliche Vorkenntnisse ist es gar nicht so leicht, eine Badewanne einzubauen, ohne dass die Zu- und Abflüsse „rünnen“ und dass alles im Lot ist. Learning by doing gilt auch für uns. Allerdings wären wir oft schon froh gewesen, etwas mehr über die Installation von elektrischen Leitungen und sanitären Rohren zu wissen, als über das passé simple oder Algebra.
Aber im Notfall können ja immer wieder die Bricoleurs in der Nachbarschaft und die zahlreichen Bricoleurläden in der nahen Umgebung weiterhelfen.
Ruedi und Stephanie Baumann
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