Vor drei Wochen….
… fand dieser generationenübergreifende Hockeymatch statt. Es wird wohl lange dauern bis das wieder möglich ist!
Jetzt sind nur noch länderübergreifende Skype-Nachtessen en famille möglich…
Nicht jammern! Hoffnung keimt! Man beachte Stephanies selber gezogene Tomatensetzlinge im Hintergrund!
Grossfamilie
Wir lebten alle in einem Haushalt: meine Eltern, die Grosseltern, meine beiden Geschwister, der um anderthalb Jahre ältere Bruder Kurt und die um drei Jahre jüngere Schwester Ruth, jeweils ein oder zwei Lehrlinge aus dem Welschland und die Jumpfer Sophie. Während der grossen Arbeiten sassen oft noch weitere Helfer am langen Küchentisch, Verwandte oder Taglöhnerinnen.
Auch wegen der Milchsammelstelle und dem Anken- und Käseverkauf war bei uns immer viel Betrieb. Unser Hof war sozusagen das Dorfzentrum von Suberg. Manchmal mussten die Käsereikunden auf die Milch warten, weil noch kein Bauer mit seiner Kanne oder Brännte aufgekreuzt war, und so standen sie dann mit ihren leeren Milchkesseli im Stallgang und brichteten mit meinem Vater, der am Melken war. Das behinderte zwar regelmässig unsere Stallarbeiten, das nahmen wir aber gerne in Kauf, weil wir dafür laufend über die Neuigkeiten aus aller Welt und über den Dorfklatsch informiert wurden.
Zudem machte der Bruder meines Vaters, der Posthalter und mein Götti, jeden Tag auf seiner Posttour mit dem schweren schwarzen Velo bei uns eine kurze Pause.
Otti war nebenher Dirigent der grossen Dorfmusikgesellschaft, mein Vater der Präsident, so dass oft und viel über die Subergmusig geredet wurde. Wir berieten am Familientisch die neuen Uniformen des Musikvereins, Farbmuster wurden herumgereicht, Federn für den Hutschmuck begutachtet, Stoffe ausgewählt. Die fertige Uniform sah fantastisch aus und war für die damalige Zeit etwas ganz besonderes: schwarze Hosen mit einem breiten gelben Nahtstreifen, ein schwarzer Kittel mit gelben Zierschnüren und Epauletten, auf dem Hut steckte ein aufrechter schwarzgelber Federnbusch. Auf die Subergmusig mit ihren über fünfzig aktiven und noch viel mehr passiven Mitgliedern ist das Dorf heute noch zurecht stolz.
Mein Bruder und ich waren in jungen Jahren auch eine Zeit lang fleissige Musikanten und übten täglich auf Zugposaune, Flügelhorn und Cornet. Zweimal wurde in unserer Gemeinde das seeländische Musikfest durchgeführt, für das ganze Dorf ein Riesenereignis, das die Dorfgemeinschaft gut ein halbes Jahr lang beschäftigte. Wir Schulkinder durften bei der Marschmusikdemonstration auf der abgesperrten Dorfstrasse vor dem jeweiligen Musikkorps und vor den Ehrendamen die Schrifttafeln mit den Namen der Teilnehmer tragen. Ich trug das Schild der Musig von Sutz-Lattrigen und absolvierte nervös, aber konzentriert meinen ersten und keineswegs den einfachsten öffentlichen Auftritt. Ich musste im Takt der Marschmusik vorausschreiten, beim Kommando „Achtung, Vorwärts, Marsch!“ im richtigen Moment mit dem richtigen (linken) Bein beginnen und darauf achten, dass das Musikkorps im richtigen Abstand auch immer noch nachfolgte, und durfte mich nicht durch die Zurufe der zahlreichen Zuschauer am Strassenrand irritieren lassen!
Das Zusammenleben in einer Grossfamilie funktioniert allerdings nicht immer im Gleichtakt und zur selben Melodie. Die Spannungen zwischen dem Hofbesitzer, meinem Grossvater, der nicht loslassen konnte, und meinen Eltern, die fast zeitlebens als Pächter von ihm abhängig waren und nicht frei entscheiden konnten, waren zahlreich. Das ging so weit, dass meine Eltern gelegentlich erwogen, auszuwandern, aber sie unternahmen nie ernsthaft entsprechende Schritte . Ich glaube, dass die Eltern uns Kindern das nicht antun wollten. Sie haben stattdessen einfach die Zähne zusammengebissen, wenn der Grossvater bei einem notwendigen Stallumbau oder bei einer betrieblichen Umstellung sein Veto einlegte. Wegen solcher Erfahrungen war für mich immer klar, dass ich später nie gemeinsam mit den Eltern in einem Haushalt leben wollte und dass ich nie lange Lächemaa auf einem Hof sein, sondern möglichst bald Eigentümer werden wollte, auch wenn das zumindest am Anfang mit einer hohen finanziellen Belastung verbunden ist. Sein eigener Herr und Meister sein, selber über alles entscheiden können, nicht abhängig sein von einem Hofbesitzer, das alles macht den Bauernberuf erst attraktiv.
Im Kanton Bern steht häufig neben dem Bauernhaus das Stöckli, das Altenteil. Eine ideale Lösung um Generationenkonflikte zu vermeiden und trotzdem die ältere Generation als Chummerzhilf in der Nähe zu haben. Wir hatten kein Stöckli zur Verfügung. Wir mussten uns wohl oder übel im gemeinsamen Haushalt anpassen und lernen, Rücksicht zu nehmen.
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